Fliesenleger-Nachwuchs misst sich bei Leistungswettbewerb

„Es war schon eine tolle Erfahrung. Mit unseren Worten ausgedrückt: Es hat richtig Bock gemacht“, sitzt der 19-jährige Can geschafft, aber glücklich, am Samstagmittag mit seinen Kollegen zusammen und lässt die zurückliegenden Stunden Revue passieren. Sein Adrenalinspiegel ist in den vergangenen eineinhalb Tagen Achterbahn gefahren. Gemeinsam mit 14 weiteren Kollegen – für den diesjährigen Durchgang warn nur männliche Teilnehmer gemeldet – hatte er an dem nunmehr dritten Fliesenlegerleistungswettbewerb teilgenommen. Ausgerichtet hatte ihn die die Fachgruppe Fliesen + Naturstein Westfalen für den Handwerkernachwuchs vom ersten bis zum dritten Lehrjahr. Austragungsort waren erneut die Werkstätten der Berufsbildungsstätte Westmünsterland (BBS) an der Weidenstraße in Ahaus.

Premiere dieses Veranstaltungsformats war seinerzeit noch vor der Corona-Pandemie. Während der nachfolgenden Lockdowns war eine Ausrichtung einmal nicht möglich, im Vorjahr war die Veranstaltung wegen zu geringer Nachfrage abgesagt worden. „Nun aber konnten wir uns vor Bewerbungen nicht retten. Einigen mussten wir sogar absagen“, berichtet Landesfachgruppenleiter Andreas Telaar. Die positive Resonanz stimmt ihn gerade vor der aktuellen Diskussion über den Arbeits- und Fachkräftemangel zufrieden. Vor allem, dass er als Juror und bekanntes „Aushängeschild“ der Innung erneut den Ahauser Tim Welberg gewinnen konnte. Welberg, Fliesenleger-Europameister von 2016, inzwischen Bundes- und Europa-Trainer in dieser Handwerkssparte, hat in seiner Funktion bereits selbst einen Europameister hervorgebracht. „Tim Welberg hilft, unterstützt und motiviert die jungen Leute“, lobt Telaar.

Für die Teilnehmenden des Leistungswettbewerbs 2023, die alle freiwillig ins Münsterland angereist waren, stand jedenfalls ein herausforderndes Wochenende auf dem Programm. Can aus Paderborn ist am Freitag um 4.30 Uhr in der Frühe aufgestanden, dann ging’s ab nach Ahaus. Um 8 Uhr erfolgte direkt nach der Ankunft und der Begrüßung die Aufgabenverteilung: Ein Leuchtturm mit einem vorbeifliegenden Vogel sollte in farbigem Material an eine Testwand gebracht werden. „Abends war ich dann fix und fertig. Über die gesamte Zeit war höchste Konzentration angesagt“, erzählt er. Theoretisch, so schmunzeln er und seine Kollegen Justin und Christopher, beide aus Siegen, sei die Teilnahme an dem Leistungswettbewerb schon freiwillig. „Aber praktisch haben uns unsere Chefs ein wenig dazu überredet“, geben die Auszubildenden zu. „Es war im Nachhinein aber eine gute Tat, für die wir ihnen dankbar sind“, erklären sie sofort im Nachsatz: „Das, was wir hier an Netzwerkarbeit machen konnten, die Gespräche mit den Kollegen sowie die Möglichkeiten, die wir geboten bekamen, die hätten wir sonst nicht gehabt.“ Vor allem die Schnitttechniken, die man ihnen gezeigt habe und die sie umgehend hätten anwenden können, „die bekommt man im Arbeitsalltag auf der Baustelle sonst kaum vorgeführt. Hier stecken in der Veranstaltung Chancen, von denen man im Vorfeld nichts ahnt.“

Ein Lob, das auch Andreas Telaar sowie Hermann Schulte-Hiltrup als Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes erfreut zur Kenntnis nehmen. „Hintergrund der Veranstaltung ist es schließlich, die Auszubildenden unterschiedlichen Niveaus zu motivieren, sich mit Zeichnungen, Schnitten, dem akkuraten Arbeiten und dem Verfugen auseinanderzusetzen. Und das in einer angenehmen Atmosphäre“, beschreibt Telaar. „Die Teilnehmer bekommen von uns dazu ein rundum-sorglos-Paket mit Unterkunft und Verpflegung sowie fachlichem Input geboten.“ Nicht umsonst stehe der Wettbewerb unter dem Motto „Fordern und Fördern“.

Grundsätzlich, so der Landesfachgruppenleiter, sei es auch für seine Innung schwierig, ausreichend handwerklichen Nachwuchs zu gewinnen. „Aber durch Aktionen wie diese und nachdem die Evaluierung der Meisterpflicht wieder durchgesetzt werden konnte, erleben wir eine steigende Nachfrage. Der Innungsbezirk Borken registriert derzeit im Schnitt 15 bis 23 Lehrlinge pro Jahr.“ In der Überbetrieblichen Ausbildung der BBS sind 15 junge Menschen im 1. Lehrjahr gemeldet, neun im zweiten Lehrjahr und 21 im dritten Lehrjahr, steuert BBS-Ausbilder Andreas Nollmann aktuelle Zahlen bei. Gemeinsam mit seinem BBS-Kollegen Mike Daniels führt er Tim Welbergen und Malte Aurich, ebenfalls seit einem Jahr Mitglied des Fliesenleger-Nationalteams, später noch die neueste Errungenschaft der BBS für die Überbetriebliche Ausbildung der Fliesenleger vor: eine 5-Achs-CNC Brückensäge, bei der man nach Übergabe der Zeichnungen via Computer exakte Schnitte für beispielsweise Fensterbänke, Küchenarbeitsplatten, Gehrungen, Löcher und vieles mehr anfertigen kann.

Aber zurück zum Leistungswettbewerb. Es ist inzwischen Mittag, die Uhr tickt und die letzten Arbeitsschritte werden ausgeführt. Die ersten Aufgabenstellungen sind fertig, die Juroren schreiten von einer Musterkabine zur nächsten. „Gute Arbeit“, loben sie immer wieder, bevor sie dann die Sieger verkünden.

Die Gewinner:

  1. Platz: Michael Terhörst (Lehrbetrieb Fliesen Lepping GmbH; 3. Ausbildungsjahr) - Foto: Mitte
  2. Platz: Maximilian Wissing (Ausbildungsbetrieb Cera Fliesen Terdues; 3. Ausbildungsjahr) - Foto: rechts
  3. Platz: Maximilian Scheer (Ausbildungsbetrieb Kettelgerdes Marmor; 3. Ausbildungsjahr) - Foto: links

Sonderauszeichnungen haben folgende Teilnehmer des 1. Ausbildungsjahres erhalten:

  1. Jonas Pfau (Ausbildungsbetrieb Michael Bär)
  2. Harun Khalili (Ausbildungsbetrieb Michael Bär)
  3. Faisal Cabdi (Ausbildungsbetrieb Falko Lehmann)
  4. Nils Hüning (Hüning OHG)