Sensible Unterstützung bei Lese- und Schreibschwächen

Stadtpläne, Rezepte, Nachrichten auf dem Smartphone, einen Brief von einer offiziellen Stelle oder gar ein Buch zu lesen – für manche Menschen stellt dies eine unüberwindbare Hürde da. Viele von ihnen können außer ihrem Namen auch nicht oder nur kaum schreiben. Analphabetismus – heute als geringe Literalität bezeichnet – ist in Deutschland noch weit verbreitet. Häufig sind es besondere Umstände, die dazu führen, dass die Betroffenen durch das Schulsystem schlüpfen, ohne jemals richtig Lesen oder Schreiben gelernt zu haben. Die Menschen arrangieren sich oft jahrzehntelang mit dieser Situation oder überspielen ihre Schwäche.

„Auch in der BBS haben wir es in der beruflichen Beratungs- und Kursarbeit immer mal wieder mit Teilnehmenden zu tun, die von geringer Literalität betroffen sind“, sagt Ulrike Broscheit. In ihrer Funktion als Koordinatorin im Bereich Förderung beruflicher Weiterbildung (FbW) hat sie jetzt als Mitglied des Runden Tisches Alphabetisierung gemeinsam mit dem aktuellen forum (VHS) und dem Jobcenter Ahaus eine Sensibilisierungsschulung organisiert. „Diese Veranstaltung richtet sich gezielt an die pädagogischen Fachkräfte, die in ihrer Arbeit mit den Erwachsenen mit Teilnehmenden zu tun haben, die von einer Art der Lese- und Schreibschwäche betroffen sind“, erläutert sie die Intention hinter diesem Angebot. Ziel ist dabei nicht nur das Vermitteln von Informationen zu fachlichen Grundlagen, Ursachen, Hintergründen und der Tragweite von Lese- und Schreibschwierigkeiten bei Erwachsenen, sondern auch der Austausch über den richtigen sensiblen Umgang mit den betreffenden Teilnehmenden in der alltäglichen Arbeit.

Zu dem Termin ist das Alfa-Mobil des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung mit dem Referenten Stefan Wälte vor Ort. Unterstützt wird Stefan Wälte zudem von Oliver Meise, der selbst bis zu seinem 40. Lebensjahr nicht richtig lesen und schreiben konnte. Er wird aus seiner Vita berichten, wie es dazu kam, wie er sich seit seiner Jugend durchs Leben ‚gemogelt‘ hat und was den Anstoß dazu gab, dass er dann doch den Mut fasste, bei der VHS in Essen noch einmal von Grund auf das Lesen und Schreiben zu lernen. Mit diesen neuen Fähigkeiten, so sagt Oliver Meise heute, habe sich für ihn das Tor zu einer anderen Welt geöffnet.